An den internationalen Aktienmärkten war die Stimmung zuletzt erstaunlich freundlich. In den USA konnten sowohl der Dow Jones, der S&P 500, als auch der Nasdaq Composite neue Allzeithochs erzielen. In Europa blieb der Trend ebenfalls positiv. So erreichte der DAX ein Jahreshoch, der FTSE 100 notiert sogar in unmittelbarer Nähe zu seinem historischen Höchststand.
Offensichtlich spielt das Brexit-Votum im Moment keine Rolle mehr. Überhaupt scheint die Aktienmärkte derzeit wenig aus der Ruhe zu bringen. Tendenziell positive Konjunkturdaten – insbesondere aus den USA – bei unverändert expansiv agierenden
Notenbanken und die nach den Stresstestergebnissen abgenommenen Sorgen
um den italienischen Bankensektor dürften hierfür entscheidend sein.
Doch auch die Situation an den Anleihemärkten dürften viele Investoren dazu veranlassen, sich nach Anlagealternativen umzusehen. In den USA weisen mittlerweile mehr als 60 Prozent der im S&P 500 notierten Unternehmen eine höhere Dividendenrendite auf als zehnjährige amerikanische Staatsanleihen. Und das nicht, weil US-Firmen für üppige Ausschüttungen bekannt wären, sondern vielmehr auf Grund umfangreicher Aktien-Rückkaufprogramme.
Firmen-Quartalssaison lässt Anleger zuletzt kalt
Die zu Ende gehende Quartals-Berichtssaison hat zuletzt gleichfalls keine negativen Reaktionen hervorgerufen. In Europa konnten bislang vor allem die Ergebnisse
aus den Sektoren Finanz, Telekom oder Gesundheit die Konsensschätzungen
übertreffen. Nichtsdestotrotz blieben die Firmengewinne auf Gesamtmarktebene im abgelaufenen Quartal erneut hinter denen des vergleichbaren Vorjahreszeitraums zurück – sowohl diesseits wie jenseits des Atlantiks.
Demzufolge bleiben auch die Gewinnperspektiven für das Gesamtjahr 2016 wenig berauschend. Zieht man zudem die aktuellen Gewinnschätzungen für 2017 ins Kalkül, ist fast zu befürchten, dass von dieser Seite weiteres Ungemach droht. Jedenfalls scheinen Gewinnzuwächse von mehr als zehn Prozent fast unisono über alle etablierten Aktienmärkte illusorisch, weshalb Revisionen nach unten wahrscheinlich sind.
Wachstum in Deutschland übertrifft Erwartungen
Nennenswerte Zuwachsraten bei den Firmengewinnen sind erst dann wieder zu erwarten, wenn die Konjunktur stärker Fahrt aufnimmt. Immerhin sah es beim Wirtschaftswachstum in Deutschland im zweiten Quartal besser aus als von Ökonomen vorausgesagt. Denn die deutsche Wirtschaft hat um 0,4 Prozent zum Vorquartal expandiert. Gegenüber Vorjahr lag die Wirtschaftsleistung mit 1,8 Prozent im Plus (nach 1,9% im ersten Vierteljahr).
Zwar werden Detailergebnisse zu den einzelnen BIP-Komponenten erst am 24. August veröffentlicht. Das Statistische Bundesamt hat aber angedeutet, dass im Frühjahr zum einen erneut vom Konsum positive Impulse ausgingen. Zum anderen trug überraschenderweise auch der Außenhandel per Saldo positiv zum Wachstum bei. Gebremst haben erwartungsgemäß die Investitionen, sowohl in Bauten als auch in Ausrüstungen. Dies ist zum Teil die Folge des witterungsbedingt starken ersten Quartals. Schließlich wurden einige Investitionsprojekte zeitlich nach vorne verschoben, da das ungewöhnlich milde Wetter deren Durchführung nicht verhindert hat.
Zwar konnte das hohe Wachstumstempo vom Jahresbeginn – wie erwartet – nicht ganz gehalten werden. Eine Rate von 0,4 Prozent steht jedoch in etwa im Einklang mit der langfristigen Potenzialrate. Damit kann eine konjunkturelle Schwäche für das zweite Quartal nicht diagnostiziert werden. Allerdings könnte der konjunkturelle Schwung wegen des Brexit-Votums im dritten Vierteljahr ein Stück weiter nachlassen.
Dividendenrenditen leicht rückläufig – aber großer Vorsprung vor Bonds
Die maue Konjunktur- und Gewinndynamik wird sich auf die künftigen Dividenden der Unternehmen auswirken. So ist die erwartete Dividendensumme der DAX-Unternehmen nach Berechnungen der DZ Bank für das Geschäftsjahr 2016 zuletzt leicht gesunken. Ähnliches gilt für den Stoxx 600, während die Schätzungen für den Euro Stoxx 50 und S&P 500 relativ konstant blieben. Weil die Aktienkurse deutlich gestiegen sind, ist die erwartete Dividendenrendite 2016 für den DAX auf 3,0 Prozent gefallen. Im Euro Stoxx 50 (3,9 Prozent), Stoxx 600 (3,5 Prozent) und S&P 500 (2,1 Prozent) sind die erwarteten Dividendenrenditen ebenfalls gesunken. Bei allen Indizes liegt die erwartete Dividendenrendite nun unter dem Mittelwert der vergangenen zehn Jahre.
Aber: Im Assetklassen-Vergleich schneiden die Dividendenrenditen weiterhin sehr attraktiv
ab, was vor allem auf die schwachen Anleihe-Renditen zurückzuführen ist. Denn die Rendite vieler Staatsanleihen bewegt sich im negativen Bereich. Der Renditeaufschlag von Aktien gegenüber zehnjährigen Bundesanleihen liegt mit 3,0 Prozent nur leicht unter dem Allzeithoch von 3,3 Prozent. Die Suche nach Rendite hat den Renditeaufschlag relativ zu Unternehmensanleihen und zu Staatsanleihen mit geringerer Bonität zuletzt sogar noch stärker ausgeweitet.
Europäische Geldpolitik versus US-Geldpolitik
Insgesamt bleiben die globalen Fundamentaldaten eher schwach, was die Notenbanken zu weiteren geldpolitischen Maßnahmen bewegen könnte. Gleichzeitig wird die US-amerikanische Zentralbank Fed wohl an ihrem Kurs der schrittweisen Zinserhöhung festhalten. Dadurch ergeben sich divergierende Geldpolitiken der Notenbanken, durch die eine Kluft zwischen den USA und anderen Industrieländern entsteht.
Zwar signalisieren die Fed-Funds-Futures, dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Leitzinsanhebung durch die Fed im zweiten Halbjahr nur bei etwa 36 Prozent liegt. Allerdings verkündete die US-Notenbank, dass sich die kurzfristigen wirtschaftlichen Risiken reduziert hätten. So haben sich beispielsweise die Arbeitsmarktdaten jüngst verbessert. Gleichzeitig hat die Notenbank in ihrem Juli-Statement davor gewarnt, dass die Inflation auf kurze Sicht auf niedrigem Niveau verharren könne. Dennoch dürfte der nächste Zinsschritt nur eine Frage der Zeit sein. Die Fed ist die einzige Notenbank in den Industrieländern, die bei der Geldpolitik behutsam zur Normalität zurückkehrt.
Ganz anders sieht es in Europa aus: Aufgrund der steigenden wirtschaftlichen Risiken für die britische Wirtschaft nach dem EU-Referendum senkte die Bank of England jüngst ihren Leitzins auf 0,25 Prozent. Darüber hinaus verkündete sie die Wiederaufnahme ihres Wertpapier-Ankaufprogramms. Auch im Euroraum waren die Wirtschaftsdaten zuletzt überwiegend schwach; und die Inflationsrate hält sich hartnäckig weit unterhalb des von der Europäischen Zentralbank (EZB) mittelfristig angestrebten Ziels von knapp zwei Prozent. Daher könnten EZB-Chef Mario Draghi und seine Mitstreiter bei ihrer Sitzung im September weitere geldpolitische Lockerungen beschließen.
Ölpreis sorgt für volatile Aktienkurse
Während die Geldpolitik – zumindest in Europa – die Börsen weiter stützen dürfte, sorgt der Ölpreis nach wie vor für Kursschwankungen. Denn die Volatilität am Ölmarkt ist derzeit enorm. Die Preise schwanken auf Tagesbasis mitunter um mehrere Prozentpunkte und wechseln dabei – ebenfalls fast täglich – die Richtung. Die jüngste Aufwärtsbewegung der Notierungen für das flüssige Gold ist auf Äußerungen des saudischen Ölministers zurückzuführen. Er attestierte dem Ölmarkt eine deutliche Stabilisierung und als Grund für die vorangehende Preisschwäche spekulative Übertreibungen.
Außerdem würde man auf dem Treffen in Algerien im September wohl doch mögliche preisstützende Maßnahmen diskutieren. Noch im April hatte Saudi-Arabien eine solche Einigung torpediert. Selbst wenn die Erwartungen sich als unrealistisch erweisen dürften, dämpfen sie die Ängste vor einer Fortsetzung des Preiskriegs seitens der OPEC.
Was die neue Woche bringt
Im Fokus der neuen Woche stehen das BIP-Ergebnis für Japan im zweiten Quartal und die ersten Einzelhandelsdaten aus Großbritannien nach dem Brexit-Votum. In Japan dürfte auf Seiten des Bruttoinlandsproduktes nach dem recht soliden Jahresstart für das Frühjahr nur wenig mehr als Stagnation unter dem Strich gestanden haben (Mo.). Die Bank of Japan und die japanische Regierung bleiben damit weiterhin unter großem Druck, die Konjunktur- und Inflationsentwicklung mit zusätzlichen Maßnahmen zu beleben. Zudem werden mit Spannung die Juli-Daten der Einzelhandelsumsätze in Großbritannien erwartet (Do.). Ein deutlicher Rückgang wäre ein weiteres Indiz, dass sich die Konjunktur in UK nach dem überraschenden Brexit-Votum auch über eine Konsumzurückhaltung abschwächt.
In den USA macht sich das Sommerloch diese Woche auch in den Datenveröffentlichungen bemerkbar. Als wichtige Konjunkturdaten stehen lediglich die Inflationsrate und die Industrieproduktion für Juli an. Während der Preisauftrieb kaum verändert ausfallen dürfte (Di.), sollte die Industrie einen soliden Start ins dritte Quartal zeigen (Di.). Nach dem spürbaren Produktionsanstieg im Juni dürfte auch im Juli ein Plus zu Buche gestanden haben. Nach vorne blickend sollte der Philadelphia-Fed-Index im August wieder in den positiven Bereich geklettert sein (Do.). Die US-Konjunktur scheint damit im dritten Quartal wieder etwas Tempo aufzunehmen.
In der Eurozone stehen ebenfalls nur wenige wichtige Konjunkturdaten zur Veröffentlichung an. Die Inflationsdaten für Juli dürften in der zweiten Veröffentlichung die Entwicklung der vorläufigen Veröffentlichung bestätigen und eine leichte Erholung der Jahresrate auf 0,2 Prozent zeigen (Do.). Der Preisauftrieb bleibt weiterhin sehr moderat. Hierauf deutet sowohl die stabile Kernrate von lediglich 0,9 Prozent als auch die Preisentwicklung auf den Vorstufen zu den Verbraucherpreisen hin.
Bei den anstehenden Stimmungsindikatoren ist mit positiven Nachrichten zu rechnen. Nachdem sich die Sentix-Investorenstimmung im August wie erwartet wieder etwas erholt hat, dürften auch die ZEW-Konjunkturerwartungen nachziehen und sich zum Vormonat verbessern (Di.) Ein Grund hierfür ist auch die zuletzt positive Entwicklung der Aktienmärkte. Die Einschätzung der aktuellen konjunkturellen Situation könnte sich für die deutsche Wirtschaft allerdings zeitgleich – trotz der positiven Meldung zum BIP im zweiten Quartal – auf hohem Niveau etwas eingetrübt haben.
Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche:
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 15.8.2016 | |||
BIP Japan (% zum Vorquartal) | Q2 | 0.2 | 0.5 |
NAHB Wohnungsmarktindex USA (Punkte) | August | 60 | 59 |
Empire State Index USA (Punkte) | August | 2 | 0.6 |
Dienstag, 16.8.2016 | |||
ZEW-Index Deutschland (Punkte) | August | 2 | -6.8 |
ZEW-Index Euroland (Punkte) | August | -8.5 | -14.7 |
Verbraucherpreise USA (% zum Vorjahr) | Juli | 0.9 | 1 |
Wohnungsbaubeginne USA (Tsd.) | Juli | 1176 | 1189 |
Industrieproduktion USA (% zum Vorjahr) | Juli | 0.2 | 0.6 |
Mittwoch, 17.8.2016 | |||
keine wichtigen Daten | |||
Donnerstag, 18.8.2016 | |||
Einzelhandelsumsatz Großbrit. (% zum Vormonat) | Juli | 0.2 | -0.9 |
Verbraucherpreise Euroland (% zum Vorjahr) | Juli | 0.2 | 0.1 |
Philly-Fed-Index USA (Punkte) | August | 1.3 | -2.9 |
Freitag, 19.8.2016 | |||
keine wichtigen Daten |