Der Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB) Benoit Coeure hat Regierungen und andere Wirtschaftsakteure aufgefordert, sich auf ein Ende der jahrelangen Phase ultraniedriger Zinsen einzustellen.

„Es ist offensichtlich, dass der Finanzsektor und andere Wirtschaftsakteure, vor allem Regierungen, sich vorbereiten müssen“, sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsgremiums der EZB in Paris. „Ich hoffe, dass die Regierungen in der Euro-Zone wissen, dass die Zinsen nicht auf dem aktuellen Niveau bleiben werden.“

Die EZB hält ihre Leitzinsen schon seit langem auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Außerdem pumpt sie über den Kauf von Wertpapieren jede Woche Milliarden in das Finanzsystem des Euro-Währungsraums. Mit den auf 2,28 Billionen Euro angelegten Käufen will sie Banken unter anderem dazu bringen, mehr Kredite an die Wirtschaft zu vergeben. Das soll die Konjunktur beleben und die nach den Vorstellungen der EZB immer noch zu niedrige Inflation anheizen.

Die negativen Zinsen der Notenbank waren aus Sicht von Coeure bislang geldpolitisch wirksam. Sie dürften aber nicht zu lange Bestand haben, wegen der Gefahr, dass Banken dadurch geschwächt werden, warnte er. Der Einlagensatz, zu dem Banken überschüssige Liquidität über Nacht bei der Notenbank parken, liegt derzeit bei minus 0,4 Prozent. Bankenvertreter klagen, dass die EZB-Politik der Mini-Zinsen es ihnen immer schwerer macht, im Kreditgeschäft auskömmliche Gewinne zu erzielen. Gefahren für das Funktionieren der Märkte oder Risiken für die Finanzstabilität durch die Geldflut kann Coeure derzeit nicht erkennen.