Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ab Januar 2018 nur noch halb so viele Wertpapiere – primär Anleihen – erwerben als vorher, nämlich 30 Milliarden Euro pro Monat statt 60 Milliarden. Die europäischen Aktienmärkte reagierten auf diese Nachricht mit steigenden Notierungen.
Analysten führen dies darauf zurück, dass die EZB das Wertpapier-Kaufprogramm, wenn es im September 2018 ausläuft, wahrscheinlich nicht abrupt beenden wird. EZB-Chef Mario Draghi schloss sogar eine erneute Steigerung der Volumina nicht aus, falls es die Lage erfordere. Außerdem versicherte er, dass fällig werdende Anleihen durch neu gekaufte Bonds ersetzt werden. Und schließlich machte er zum wiederholten Mal deutlich, dass die Zinsen erst längere Zeit nach Auslaufen des Kaufprogramms erhöht würden.
All das lässt vermuten, dass die Leitzinsen kaum vor 2020 steigen werden. Denn wenn die Wertpapierkäufe ab Oktober 2018 verlängert werden, läuft das Kaufprogramm wohl frühestens im Frühjahr 2019 aus. Weil die Zinsen danach erst mit deutlichem zeitlichen Abstand angehoben werden sollen, wird der erste Zinsschritt wohl nicht vor 2020 erfolgen – und nur dann, falls die Wirtschaft der Eurozone gut läuft. Mit anderen Worten: Die Anleger werden noch länger mit Zinsen nahe Null leben müssen.
Für die Aktienmärkte ist das überaus positiv. Denn Anleihen und andere Zinsanlagen bringen weiterhin fast keine Zinsen, teilweise sogar Negativzinsen. Somit können diese Assets mit Aktien in Bezug auf die Rendite weiter nicht konkurrieren.
Weil demgegenüber in den USA die Leitzinsen und die Bondrenditen bereits zu klettern begonnen haben und weiter steigen dürften, weitet sich der Zinsvorteil von Dollaranlagen aus, was den Euro gegenüber dem Dollar drückt. Ein zu hoher Eurokurs aber war eine der größten Sorgen der Unternehmen. Wie die jüngsten Quartalszahlen zeigen, hat sich der starke Euro bzw. schwache Dollar zunehmend negativ auf die Gewinne ausgewirkt.
Damit sind für die europäischen Aktienmärkte – abgesehen von politischen Risiken – die größten Sorgen vorerst deutlich kleiner geworden: Ängste vor einem zu starken Euro und einem deutlichen Zinsanstieg bei Anleihen. Demzufolge sind die Chancen gut, dass die Aktienmärkte diesseits des Atlantiks ihren Höhenflug noch eine Weile fortsetzen können.