Während die kurzfristige Rallye am US-Aktienmarkt vergangene Woche anhielt (wenn auch weniger schwungvoll), tendierten die Börsen in Europa eher seitwärts. Das war insofern überraschend, als der Euro sich gegenüber dem Dollar weiter abschwächte, was den Aktiennotierungen diesseits des Atlantiks tendenziell zugutekommt. Offensichtlich wurden an den europäischen Märkten aber verstärkt politische Risiken eingepreist, die unter einem künftigen US-Präsidenten Donald Trump auf Europa zukommen. Abzulesen ist dies auch an den Risikoaufschlägen für Anleihen der Euro-Randstaaten, die merklich nach oben gegangen sind.
Der stärkere Anstieg von US-Aktien beruht aber auch auf der Erwartung positiver Wirkungen der geplanten Maßnahmen der künftigen US-Regierung. Das gilt vor allem für den amerikanischen Finanzsektor, der sowohl von den geplanten Deregulierungen als auch von der steileren Zinsstrukturkurve nach dem jüngsten Anstieg der Kapitalmarktzinsen profitiert. US-Finanzaktien zogen seit der Wahl deutlich stärker an als ihre europäischen Konkurrenten und trugen erheblich zur Outperformance des Gesamtmarkts bei.
Der DAX trat vergangene Woche weitgehend auf der Stelle, wobei vom Indexschwergewicht Bayer eine Sonderbelastung ausging. Die Aktie des Chemie- und Pharmariesen geriet im Zuge der Begebung einer Pflichtwandelanleihe im Volumen von vier Mrd. Euro in Zusammenhang mit der Finanzierung der Monsanto-Übernahme zunächst kräftig unter Druck (-4,2 Prozent) und belastete damit auch den Gesamtmarkt. Anschließend konnte sich die Aktie allerdings wieder etwas erholen.
Während die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und die Frage der zu erwartenden Maßnahmen unverändert für Spannung bei den Börsianern sorgen, gehen von den Konjunkturdaten derzeit überwiegend positive Einflüsse auf die Aktienmärkte aus. In Deutschland überraschte der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen mit einem Anstieg von 6,2 auf 13,8 Punkte positiv und in den USA verbesserten sich die vielbeachteten Auftragseingangskomponenten des Empire State Manufacturing Index und des Philadelphia Fed Index sowie die Wohnungsbaubeginne. Der Economic Surprise Index der Citigroup ist für die G10-Länder zuletzt deutlich gestiegen und liegt mit 23 Punkten aktuell klar im positiven Bereich.
Anleihekurse fallen nach Trump-Wahl
Nicht nur an den Aktienmärkten gab es nach der US-Wahl heftige Bewegungen. Die Märkte für Staatsanleihen reagierten ebenfalls stark auf dieses Ereignis. Ob in den USA, Europa oder Südamerika – überall fielen die Kurse für Staatsanleihen dramatisch, was deren Renditen entsprechend steigen ließ. Die Nachrichtenagentur Bloomberg spricht vom größten Zweiwochenverlust seit 26 Jahren für Anleihen weltweit. Offenbar setzen die großen Investoren darauf, dass die Zeit der extremen Niedrigzinsen unter Trump bald vorbei sein wird.
Tatsächlich warfen US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit Ende September noch eine Rendite von 1,7 Prozent ab; inzwischen sind es 2,3 Prozent. Für Bonds des deutschen Staats verlangen Anleger gleichfalls wieder Zinsen. Lag die Rendite von Bundesanleihen Ende September noch im Minusbereich, ist sie mittlerweile auf 0,3 Prozent gestiegen. Das dürfte zum großen Teil mit den Ankündigungen Trumps zusammenhängen. Er hat ein milliardenschweres Konjunkturpaket versprochen, um die vielerorts marode Infrastruktur in Amerika auf Vordermann zu bringen. Gleichzeitig will der künftige Präsident die Steuern kräftig senken. Das bedeutet: Trump wird sein Ausgabenprogramm über zusätzliche Schulden finanzieren müssen. Damit die Investoren die Masse neu emittierter Bonds kaufen, werden diese wohl eine höhere Verzinsung bieten müssen als bisher.
Fed-Zinserhöhung im Dezember
Hinzu kommt, dass die US-Wirtschaft schon relativ solide wächst und durch ein Konjunkturprogramm weiter angetrieben wird. Die Folge dürften steigende Löhne und Preise sein. Um der dann anziehenden Inflation entgegenzuwirken wird die Notenbank Fed die Leitzinsen erhöhen müssen, die sich noch immer auf extrem niedrigem Niveau befinden. In ihrer jüngsten Rede vor dem US-Kongress hat Fed-Chefin Janet Yellen die Markterwartungen einer Leitzinsanhebung im Dezember bekräftigt. Und auch der Präsident der regionalen Notenbank von Richmond, Jeffrey Lacker, sagte, die Argumente für Zinserhöhungen nähmen zu, falls die US-Regierung die Wirtschaft durch Steuersenkungen oder höhere Ausgaben ankurbelt.
Damit zeichnet sich ab, dass die Zinsdifferenz zwischen den USA und der Eurozone größer wird. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte ihren Leitzins noch für längere Zeit nicht antasten. So betonte EZB-Chef Mario Draghi erst kürzlich, dass die Erholung im Euroraum noch immer in einem beträchtlichen Ausmaß von einer konjunkturstützenden Geldpolitik abhänge. Entsprechend werde die EZB nötigenfalls alle zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um die Konjunktur anzukurbeln.
EZB bleibt auf dem Gaspedal
Schon seit März 2015 flutet die EZB über den Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren Wirtschaft und Finanzbranche mit Geld. Das auf 1,74 Billionen Euro angelegte Programm soll noch bis mindestens Ende März 2017 laufen. Die Notenbank hält zudem ihre Zinsen extrem niedrig, um für günstige Finanzierungsbedingungen zu sorgen. Allerdings müssen Banken mittlerweile Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der EZB parken. Daher klagen viele Geldhäuser, dass sie im Zinsgeschäft kaum noch Gewinne erzielen.
Trotz der Probleme der Banken möchte Draghi Konjunktur und Inflation in der Eurozone antreiben. Im Oktober sind die Verbraucherpreise jedoch nur um 0,5 Prozent gestiegen, während die EZB auf mittlere Sicht eine Rate von knapp unter zwei Prozent anstrebt. Am 8. Dezember entscheiden Draghi und Co. das nächste Mal über ihren geldpolitischen Kurs. An den Finanzmärkten rechnet man damit, dass die umfangreichen Wertpapierkäufe vorerst beibehalten werden und die Euro-Zinsen noch lange niedrig bleiben.
Anlageprofis erwarten höhere Unternehmensgewinne
In der internationalen Fondsmanagerumfrage von Bank of America/Merrill Lynch, die zwischen 9. und 14. November durchgeführt wurde, also komplett nach der US-Wahl, hat der Sieg Trumps deutliche Spuren hinterlassen. Auffallend ist ein weiterer spürbarer Anstieg der Inflationserwartungen. So rechnen nun netto (Saldo aus positiven und negativen Antworten) 85 Prozent der Befragten mit einem Anstieg der globalen Verbraucherpreisinflation auf Sicht von zwölf Monaten. Gleichfalls gestiegen sind die Erwartungen für Konjunktur und Unternehmensgewinne. Per Saldo 35 Prozent der Fondsmanager kalkulieren nun mit einem beschleunigten globalen Wachstum auf Sicht von zwölf Monaten (Vormonat: 19 Prozent) und netto 29 Prozent mit steigenden Unternehmensgewinnen.
Ungeachtet dieses optimistischeren Ausblicks hat sich die Gewichtung von Aktien jedoch nur wenig verändert. Netto acht Prozent der Fondsmanager gaben an, in Aktien übergewichtet zu sein, was gegenüber den elf Prozent des Vormonats sogar einen kleinen Rückgang darstellt. Damit sind die Investoren im historischen Vergleich weiterhin nur zurückhaltend in Aktien positioniert. Der Durchschnitt der Aktien-Übergewichtung seit Anfang 2010 liegt bei 32 Prozent.
Innerhalb der Asset-Klasse Aktien gab es aber eine ausgeprägte Sektorrotation. Vor allem Banktitel gehörten zu den Gewinnern: sie werden nun per Saldo von 25 Prozent der Fondsmanager übergewichtet, nach lediglich sieben Prozent im Vormonat. Healthcare-Aktien gewannen ebenfalls stark an Beliebtheit. Die Gewichtungen von Telekom- und Versorgeraktien wurden dagegen vor dem Hintergrund der erhöhten Inflationserwartungen erheblich abgebaut.
In der regionalen Betrachtung fällt die Abkehr von den Emerging Markets auf, deren Positionen in den vergangenen Monaten noch kräftig aufgebaut worden waren. Nach einer Netto-Übergewichtung der Emerging Markets von 31 Prozent im Oktober fiel diese auf nur noch vier Prozent. Deutlich reduziert wurde in den Portfolios der Fondsmanager zudem die Liquidität. Die durchschnittliche Cashquote sank von dem Rekordwert von 5,8 Prozent im Vormonat auf 5,0 Prozent. Damit befindet sich die Liquidität im historischen Vergleich jedoch immer noch auf einem hohen Niveau.
Was die neue Woche bringt
Diese Woche nähert sich die Unternehmens-Berichtssaison mit nur noch wenigen großen Unternehmen (u.a. Thyssen Krupp am Do.) ihrem Ende. Wegen der politischen Ereignisse stehen die Firmenberichte aktuell ohnehin eher im Hintergrund. Da viele Unternehmen im vierten Quartal ihre Prognosen anpassen, könnte es jedoch in Einzelfällen durchaus auch von dieser Seite zu erhöhter Volatilität an den Märkten kommen.
In den USA steht das Thanksgiving-Fest (Do.) an, weshalb nur wenige Konjunkturdaten veröffentlicht werden. Hierzu gehören die Auftragseingänge langlebiger Güter für Oktober (Mi.). Sie dürften, getrieben von einer starken Bestelltätigkeit in der Luftfahrtbranche, deutlich zugelegt haben. Aber auch ohne die volatile Transportgüterkomponente sollte ein moderates Plus zu Buche gestanden haben, wofür auch der bereits veröffentlichte Anstieg der Industrieproduktion im Oktober spricht.
Die umfragebasierten Konjunkturdaten für November dürften, auch getrieben durch Erwartungen an konjunkturfördernde Maßnahmen in den USA nach dem Wahlsieg Trumps, noch etwas besser ausfallen als im Vormonat. Außerdem dürfte die Entscheidung des High Court in London zur Parlamentsbeteiligung bei der Brexit-Entscheidung bei den exportorientierten Unternehmen im Euro-Raum gut angekommen sein. Und schließlich deuten die robusten Konjunkturdaten aus Asien auf eine hohe Nachfrage aus dieser Region zum Jahresende hin.
Lediglich die zuletzt höheren Zinsen könnten die Stimmung der Unternehmen im November etwas belastet haben, was aber nur den Anstieg der Indizes gebremst haben dürfte. Analysten erwarten, dass die Einkaufsmanagerindizes (PMI) im Verarbeitenden Gewerbe weiter nach oben gegangen sind (Mi). Die Unternehmen im Dienstleistungssektor profitieren von den außenwirtschaftlichen Faktoren weniger stark, sodass die Stimmung in diesem Sektor unverändert geblieben sein dürfte.
Das ifo Geschäftsklima sollte im November erneut leicht gestiegen sein und damit die positive Entwicklung der Vormonate bestätigen (Do.). Dabei dürften sich erneut sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftsaussichten leicht verbessert haben. Angesichts der zuletzt positiv überraschenden Konjunkturdaten in Euroland und wieder etwas gesunkenen Energiepreisen dürfte das GfK-Konsumklima für Dezember nach dem Rückgang im Vormonat wieder etwas gestiegen sein (Do.). Vor dem Hintergrund weiterhin günstiger Fundamentalfaktoren (Arbeitsmarkt, Lohnentwicklung) sind die Aussichten für ein ertragreiches Weihnachtsgeschäft gut.
Die wichtigsten Konjunkturdaten der neuen Woche
Monat | Prognose | Letzter | |
---|---|---|---|
Montag, 21.11.2016 | |||
keine wichtigen Daten | |||
Dienstag, 22.11.2016 | |||
Richmond Fed Index USA (Punkte) | November | 0 | -4 |
Verbrauchervertrauen Euroland (Punkte) | November | -7.8 | -8 |
Mittwoch, 23.11.2016 | |||
PMI Verarb. Gewerbe Deutschland (Punkte) | November | 51.4 | 51.8 |
PMI Dienstleistungen Deutschland (Punkte) | November | 54 | 54.2 |
PMI Verarb. Gewerbe Euroland (Punkte) | November | 53.2 | 53.5 |
PMI Dienstleistungen Euroland (Punkte) | November | 52.8 | 52.8 |
PMI Verarbeit. Gewerbe USA (Punkte) | November | 53.5 | 53.4 |
Auftragseing. Langleb. Güter USA (% zum Vorm.) | Oktober | 1.1 | -0.3 |
Uni Michigan Konsumklima USA (Punkte) | November | 91.6 | 91.6 |
Neubauverkäufe USA (Tsd.) | Oktober | 590 | 593 |
Donnerstag, 24.11.2016 | |||
Ifo-Geschäftsklima Deutschland (Punkte) | November | 110.5 | 110.5 |
GfK-Verbrauchervertrauen Deutschland (Punkte) | Dezember | 9.7 | 9.7 |
Freitag, 25.11.2016 | |||
Verbraucherpreise Japan (% zum Vorjahr) | Oktober | 0.2 | -0.5 |
PMI Dienstleistungen USA (Punkte) | November | 54.8 | 54.8 |