Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung senkt seine Wachstumsprognose für nächstes Jahr. Die fünf Ökonomen trauen der deutschen Wirtschaft nur noch ein Plus von 1,3 Prozent zu, wie mit den Daten vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Bisher hatten die Experten noch ein Wachstum von 1,6 Prozent veranschlagt. Für das laufende Jahr erhöhten sie allerdings ihre Prognose von 1,5 auf 1,9 Prozent. Vor kurzem hatten auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten ihre Prognose für 2016 auf 1,9 Prozent erhöht und für 2017 auf 1,4 Prozent gesenkt

Im Gutachten der Wirtschaftsweisen mit dem Titel „Zeit für Reformen“ wird unter anderem die extrem expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert. Das Ausmaß der Lockerung sei angesichts der wirtschaftlichen Erholung „nicht mehr angemessen“, verdecke die Probleme und gefährde zunehmend die Finanzmarktstabilität. Die Ökonomen sehen sogar das europäische Projekt insgesamt gefährdet. „Die Krise im Euro-Raum hat die Skepsis gegenüber Europa verstärkt“, heißt es. „Ohne die Bereitschaft zu grundlegenden Reformen kann die langfristige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der EU nicht gesichert werden.“

Der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital sowie die Freizügigkeit sollten nicht in Frage gestellt werden. Doch wird vorgeschlagen: „Eine verzögerte Integration in die Sozialsysteme bei der Migration innerhalb der EU wäre hingegen angemessen.“ Schon in der Vergangenheit hatten die Ökonomen dafür plädiert, beim Mindestlohn Ausnahmen für Zuwanderer zu machen. Aktuell schreiben sie, die deutsche Politik müsse ihre Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen die Fluchtursachen und „einen effektiven Schutz der Außengrenzen“ richten. Die zusätzlichen direkten Ausgaben für die Flüchtlinge halte der Rat wie bisher für tragbar. Entscheidend für die langfristigen Kosten sei vor allem die Arbeitsmarktintegration.